Gebetserhörung

Hier mal eine etwas andere Story. Ein naher Bekannter, der diesbezüglich noch weitaus verrückter ist als ich – und auch den nötigen Platz dafür hat – hat neulich in Kassel eine Sammlung von rund 10.000 Schallplatten gekauft. In Kassel nützen sie ihm allerdings relativ wenig, residiert er doch am schönen Bodensee. Was nun?

Paketlieferung fällt aus. 60 Pakete à 25 kg, oder anders ausgedrückt anderthalb Tonnen, per DHL oder DPD – vergiss es. Palettentransport fällt auch aus, da bei Speditionen mit dem Zeugs (wie auch bei DHL oder DPD) nicht anständig umgegangen wird. Einen Sprinter mieten. Gute Idee. Aber zeitnah nicht zu realisieren und, was die maximale Zuladung angeht, auch über der Grenze.

Tja, da fiel mir ein, ich habe ja zwei Renault Espace IV (auch JK genannt).

Die Wagen wiegen leer, mit allen Flüssigkeiten und 5 Sitzen bestückt 2.020 kg (selbst nachgewogen). Wenn man die hinteren Sitze rausnimmt (je ca. 30 kg) und das maximale Startgewicht von 2.640 kg heranzieht, kommen wir in die Nähe des Möglichen. Was zu viel ist bleibt halt dort und wird ein andermal geholt.

So starteten wir um 4:44 Uhr (!) an einem Samstagmorgen von Freiburg aus gen Norden. Mein Sohn (Führerscheinneuling, der aber wirklich gut fährt) und ich hatten uns vorgenommen, ohne Experimente die Sache vernünftig abzureiten. Wo frei ist 160 km/h – ansonsten stur nach Schildern. Tja, so zumindest der Plan. Höhe Mannheim setzte aber starker Schneefall ein und die Autobahn war schon von vorhergehendem Schneefall spiegelglatt. Mein Sohn ist noch nie bei solchen Straßenverhältnissen gefahren. Wie kann auf einer deutschen Autobahn altes Eis liegen? Wozu zahle ich nicht zu wenig Steuern?

Das kann ja (h)Eiter werden.

Schnell den nächsten Parkplatz angefahren, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Wir waren dann trotz allem pünktlich um 9:00 Uhr an der Haustür des bisherigen Besitzers. Beim Einladen durften dann die Federn der Hinterachse zeigen, was sie noch drauf haben.

Beide Autos befinden sich trotz 300.000 und 220.000 km Laufleistung in technisch perfektem Zustand. Das lasse ich mir nicht nehmen. Ich fahre nicht mit Schrottkarren durch die Gegend. Wir hatten dann beschlossen, mit maximal 110 km/h gen Bodensee zu fahren, und mein Sohn möge doch immer das Licht plus Nebelscheinwerfer einschalten, damit ich im durch Salzwasser verdreckten Rückspiegel trotzdem immer sehe, wo er ist. So sind wir dann bis Würzburg gefahren, um uns bei knuspriger chinesischer Ente in einem Supermarkt-Wok zu stärken.

Nun hatte er aber vergessen, das Licht wieder einzuschalten. Es war für die automatische Lichtschaltung zu hell und diverse Versuche, ihm das klar zu machen schlugen fehl. Egal, er war mir immer dicht auf den Fersen, ein Verlieren bei samstäglich relativ dünnem Verkehr eh so gut wie ausgeschlossen. Er hätte das Ziel auch alleine per Navi gefunden – aber es ist doch einfach schöner, wenn der Konvoi zusammen bleibt.

In beiden Wagen ist eine Medaille des heiligen Christophorus angebracht:

Diese kam mir dann irgendwann in den Blick und ich betete: „Christophorus, gib, dass er das Licht anmacht“. Das Wetter zog da auch schon wieder zu. Da waren wir seit dem letzten Halt schon wieder gut 2 Stunden unterwegs.

Innerhalb einer Minute war das Licht an.

Und nein, es war nicht die Lichtautomatik, die wegen des Eintrübens schaltete. Sonst wären nicht gleichzeitig auch die Nebelscheinwerfer angegangen. Das muss man händisch selbst machen.

Ich wusste, dass das Gebet erhört werden würde. Ich wusste es. Ich dachte nicht, ‘na mal sehen, was passiert‘.

Inklusive Heimfahrt waren es 2x 1.100 km, 2x 15 Stunden Einsatz, 160 Liter Diesel, 12 Unfälle, an denen wir vorbeikamen, 4 doppelte Espresso, 2x Ente Chop Suey und 10 Liter Wischwasser, ein an diesem Tag endgültig erwachsen gewordener Sohn und eine Gebetserhörung. Dass mein Bekannter nun endlich seine Platten hat (von denen vielleicht auch ein paar für mich abfallen werden) ist da völlig nebensächlich.

Ein auf seinen Sohn unglaublich stolzer

Markus Brogle

Bilder alle mb.

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