Angst vor der eigenen Courage

von Markus Brogle

Unser Land, die Bevölkerung und fast alle Institutionen leiden seit Jahrzehnten – oder vielleicht schon seit Jahrhunderten an einer massiven Orientierungslosigkeit. Diese aufzulösen macht nur Sinn, wenn es etwas gibt, nach dem es sich zu orientieren lohnt.

So hat sich die junge Bundesrepublik nach Westen orientiert. Warum auch immer – das soll hier gar nicht Gegenstand der Betrachtung sein. Später, unter Brandt fand dann eine Öffnung Richtung Osten statt. Ob das für unser Land gut oder schlecht war – auch das lassen wir außen vor.

Stabilste Verhältnisse hatten Völker immer dann, wenn sie sich im Inneren einig waren. Und eine innere Haltung, die jeden Lebensabschnitt und jeden Lebensbereich korrekt, vernünftig und verantwortungsvoll in den Blick nimmt, bietet einzig der katholische Glaube, wie wir ihn von unseren Vätern übermittelt bekommen haben.

Dessen Verwässerung, Relativierung, ja geradezu Leugnung nahezu aller Getauften hat aber dann die Menschheit dahin gebracht, wo sie heute steht. Mitten im moralisch verkommenen Sumpf. In diesem Sumpf lebt es sich in Friedens- und Wohlstandszeiten recht bequem – zumindest für die obere Hälfte der Gesellschaft.

Wie konnte es soweit kommen?

Wie konnten diese klaren, sauberen und vor allem auch vernünftigen Inhalte dermaßen in den Hintergrund gedrängt werden? Machen wir uns nichts vor: spätestens mit dem Zuknallen der Kirchentüren am Osterfest 2020 durch die beiden christlichen Kirchen haben diese eine unmissverständliche Botschaft ausgesendet: Ihr habt Euch in der Tür geirrt – hier gibt es keine Hoffnung mehr zu vermitteln: der große Aspekt des Osterfestes, neben vielen anderen.

Dies war aber nicht der Beginn der Misere, sondern der vorläufige Höhepunkt. Vielen hat dies endgültig den Boden ihres Lebens unter den Füßen weggezogen. Wonach sollen sie sich den sonst orientieren, wenn nicht nach Gott? Und wenn Ihnen von den Bischöfen und Priestern nichts mehr gelehrt wird, außer Anbiederung an den verkommenen Zeitgeist, woher soll der Mensch dann Kraft schöpfen? Im Konsum? Im Fernsehen? Im wohltätigen Tun ohne tieferen Sinn?

Moral

Ich hatte neulich, zusammen mit einer lieben Freundin, ein „Streitgespräch“ mit einem jungen, augenscheinlich reflektierten Mann. Er sagte, für ihn ist der Humanismus und die Aufklärung die Richtschnur seines Lebens. Danach gefragt mit welchen Inhalten er dies füllt, antwortete er, „na, mit der Moral“. Ich musste dann weiterbohren: „Welche Werte füllen Deinen Moralbegriff?“ Und dann begann sie, die argumentativ leere Schleife – „na, mit der Moral“.

Auch mehrmaliges Nachfragen nützte nichts. Er konnte diesen Dachbegriff inhaltlich nicht füllen. Ich entgegnete dann: bei unserer Lebensrechtskundgebung im August, handelten die Antifaschisten zutiefst moralisch, diesen, aus ihrer Sicht, rechten und fundamentalistischen Sumpf anzugreifen und gegen ihn zu protestieren. Moral auf höchster Stufe – oder etwa nicht?

Kommen wir also dahin zurück, wo wir gerade waren: vor die uns gerade vor den Nasen zugeknallten Kirchentüren als Höhepunkt des Komplettversagens des Klerus. Wir Katholiken, die noch einen Funken göttliches Feuer in uns brennen haben, können uns auf die uns hierarchisch vorangestellten Würdenträger nicht mehr verlassen. Die Hirten haben versagt. Und dies schon seit Längerem. Darüber eine Chronologie zu verfassen werde ich mir später die Mühe machen. Aber auch ohne lange, wissenschaftliche Herleitung erkennen wir alle den Status quo.

So werden wir selbst tätig werden müssen und uns umschauen müssen, wo es noch gleichgesinnte, letzte, vom Feind auseinandergetriebene aber treue Schäfchen gibt. Wie ich in den letzten Wochen feststellen durfte, sind das gar nicht so wenige.

Einen katholisch geführten Staat aufzubauen, wird uns in der uns verbleibenden Lebenszeit wahrscheinlich nicht vergönnt sein. Aber die katholische Stimme muss sich wieder Gehör verschaffen. Und dies nicht im einschmeichelnden Ton, sondern klar, sauber und unmissverständlich.

Hier und dort gibt es einzelne kleine Bewegungen, die sich aber meist auf das sehr wertvolle Gebet zurückziehen und die Öffentlichkeit scheuen. Angst ist Sünde, hat mir die oben erwähnte Freundin in einem anderen Zusammenhang mal vorgeworfen. Und so ist es.

Wir müssen aufhören, Angst vor unserer eigenen Courage zu haben.

Unser Inhalt, das Evangelium des dreieinen Gott und dessen Regeln für ein prosperierendes Zusammenleben der Völker ist so viel größer, als die Unterhaltungsindustrie und der Klimagott, dass wir mit breiter Brust in die Öffentlichkeit drängen müssen. Die Bischöfe haben sich nun zu genüge an ihrer Herde versündigt. Auf sie brauchen wir nicht mehr zu warten.

Wer die Gabe zu studieren hat, möge sich in gute katholische Literatur einarbeiten. Wer die Gabe des Helfens hat, möge sich bestehenden katholischen Bündnissen mit tätiger Hand anschließen. Und wer die Gabe zu reden hat – der möge endlich seinen Mund auftun!

Wir haben hierfür keine kirchliche Sendung – das ist mir schon bewusst. Aber wer soll uns senden? Die Bischöfe, die Ihre Brustkreuze verstecken?

Bild von Daniel Hannah auf Pixabay

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