Der Idealismus – oder das Unmögliche anpacken!

von Markus Brogle

Ich habe von meinen Chef eines gelernt: man muss das Unmögliche angehen um auf der Seite des Möglichen mehr zu erreichen, als man sich je erträumt hätte.

Im Einzelnen:

Ich arbeite in einer kleinen 2-Mann-Bude. Chef und ich. Auch wenn wir uns die größte Mühe geben, nach außen größer zu wirken und jeder von uns beiden für vier arbeitet – mehr ist es nicht.

In jedem Unternehmen gibt es zwei Strömungen (neben anderen Unbedeutenderen). Die, die nach vorn arbeiten und die, die nach hinten arbeiten.

Fangen wir mit Letzteren an

Der typische After-Sales-Bereich. Er kümmert sich um den Service, die Kundenbetreuung, die Aufarbeitung von C-Ware, um das Lager und alle Dinge, die nun mal notwendig sind. Wenn der Service gut ist, kann er sich finanziell vielleicht gerade so selbst tragen, alle anderen Dinge sind reine Kostenstellen. Und vor allem eines: er kümmert sich um Kunden, die bereits gekauft haben, der Umsatz also bereits getätigt wurde. Hier und dort kann man im After-Sales auch noch einen Zusatzumsatz generieren, das hält sich aber in Grenzen.

Das Streben, weiter zu kommen

Und dann gibt es die, die nach vorn arbeiten. Die, die weiter kommen wollen. Die Ideen haben. Mögliche Dinge und vor allem: unmögliche Ideen. Typischerweise der Unternehmer, sollte er denn als Person selbst im Unternehmen tätig sein, das Marketing, die Internet- und Social-Media-Leute, die Pressekontaktleute und vor allem der Vertrieb.

Nun ist die Firma, in der ich arbeite nichts anderes als der Vertrieb. Wir stellen selbst, außer ein paar Spezialadapterkabel, nichts her. Unser Job ist es einzig und alleine, Ware verkaufbar zu machen. Ohne unsere Arbeit wüsste niemand, dass es das Produkt XY überhaupt gibt. Werbung, Presseberichte, Messeauftritte, typische Vertreterbesuche, Händlerschulungen…

Wir nehmen uns als Vertriebsfirma so gut es geht aus der Außendarstellung heraus und stellen die von uns importierten Produkte in den Vordergrund. Niemand will etwas von Reichmann AudioSysteme kaufen. Aber hoffentlich jeder will einen Verstärker von Musical Fidelity kaufen.

Nachfrage entsteht nicht von selbst

Wir verkaufen emotionale Produkte, die kein Mensch braucht. Plattenspieler im vier- und fünfstelligen Preisbereich und all so ein Zeug. Dafür gibt es keinen Markt (mehr). Diesen müssen wir selbst generieren. Daher geht es nicht, wie sonst überall gelehrt, um den Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Vielmehr geht es darum Nachfrage zu erzeugen, um das Angebot an den Mann zu bringen. Vorteil dabei: wir können die Preise im Grunde mit dem Würfel selbst bestimmen, da die Nachfrager den Wert mangels breitem Vergleichsangebot gar nicht einschätzen können.

Dieses Moment nutzen wir aber nur punktuell aus, wir sind in der Branche als Preis-/Leistungsüberflieger bekannt. Uns ist es lieber, in mehr Wohnzimmern zu stehen, als aus wenigen mehr Rendite zu erwirtschaften. Warum? ganz einfach: Jeder Plattenspieler von uns ist einer weniger beim Mitbewerber. Wer Mathe studiert hat: das ist ein Unterschied von 2 Plattenspielern.

zwischen allen Stühlen

Zeit meines Lebens war ich immer der Möglichmacher. Die Schnittstelle zwischen den unmöglichen Ideen der Idealisten im Betrieb und den Niederungen der Realität. Schon vorher wissend, welche Probleme bei der Umsetzung auftauchen werden, nimmt man an dieser Stelle gern die Rolle des Bremsers ein. Nach einigen Jahren des Lernprozesses kommt man dann aber irgendwann auf den Trichter.

Wenn man die Ideale aus dem Blick verliert, sich immer in den Niederungen des Realen aufhält, geht man unweigerlich rückwärts. Und irgendwann hat man es gecheckt und wird selbst zum Ideengeber und treibt dann sogar den Chef vor sich her. Dann wird es Zeit für die Selbstständigkeit…

Und wo ist nun der Bezug zu diesem Blog?

Man ersetze Unternehmen durch Partei, und die einzelnen Posten im Unternehmen mit Ämtern in einer Partei. Überall gibt es Verwalter, Leute die eine wandelnde Excel-Tabelle sind. Und hier und dort gibt es Visionäre. Leute die weiter wollen, als es zunächst sinnvoll erscheint.

Gebt diesen Leuten mehr Raum.

Bild von fszalai auf Pixabay

Hinterlasse einen Kommentar